Forschung

Forschungsschwerpunkte:

  1. Neurokognitive Grundlagen der menschlichen Intelligenz
  2. Mathematische Modellierung kognitiver Prozesse / Neurokognitive Psychometrie
  3. Statistische Modellierung

Neurokognitive Grundlagen der menschlichen Intelligenz

Ein Schwerpunkt unserer Forschung liegt in der Messung individueller Unterschiede in elementaren kognitiven und neuronalen Prozessen, die kognitiven Fähigkeiten höherer Ordnung wie Intelligenz und schlussfolgerndem Denken zugrunde liegen. Wir beschäftigen uns insbesondere mit der Entwicklung, Anwendung und Evaluation von Methoden, mit deren Hilfe sich individuelle Unterschiede in elementaren kognitiven Prozessen beschreiben lassen. In unserer Forschung versuchen wir die von Cronbach (1957) monierte Trennung zwischen Methoden der experimentellen Psychologie und der interindividuellen Unterschiedsforschung zu überwinden, indem wir Ansätze zur Messung kognitiver Prozesse aus der experimentellen, biologischen und mathematischen Psychologie kombinieren. In unserer Forschung untersuchen wir, welche elementaren Prozesse Intelligenzunterschieden zugrunde liegen und wie sich grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse nutzen lassen, um Interventionen zur kognitiven Leistungssteigerung im jungen Erwachsenenalter bzw. zum Erhalt kognitiver Ressourcen im höheren Lebensalter zu entwickeln.

Um dieses Ziel zu erreichen, nutzen wir verschiedene neurokognitive Methoden. Wir verwenden einen experimentellen Ansatz, um zu analysieren, wie sich spezifische experimentelle oder pharmakologische Manipulationen auf kognitive Funktionen und allgemeine Intelligenz auswirken. Außerdem verwenden wir neurophysiologische Methoden, um die biologische Basis der Intelligenz zu untersuchen. Am häufigsten verwenden wir das Elektroenzephalogramm (EEG), das uns detaillierte Informationen über den zeitlichen Ablauf neuronaler Informationsverarbeitung gibt. Darüber hinaus verwenden wir mathematische Modelle, um zwischen Personen variierende Prozessparameter zu identifizieren.

Aktuelle Forschungsprojekte:

Neurokognitive Mechanismen individueller Unterschiede in der kognitiven Leistungsfähigkeit (gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft - Laufzeit 2023-2026)

Wichtigste Publikationen:

Schubert, A.-L., Löffler, C., Hagemann, D., & Sadus, K. (2022). How Robust is the Relationship between Neural Processing Speed and Cognitive Abilities? Psychophysiology, e14165. https://doi.org/10.1111/psyp.14165
    Schubert, A.-L., Hagemann, D., Löffler, C., Rummel, J., & Arnau, S. (2021). A chronometric model of the relationship between frontal midline theta functional connectivity and human intelligence. Journal of Experimental Psychology: General, 150(1), 1–22. https://doi.org/10.1037/xge0000865
      Schubert, A.-L., & Frischkorn, G. T. (2020). Neurocognitive psychometrics of intelligence: How measurement advancements unveiled the role of mental speed in intelligence differences: Current Directions in Psychological Science, 29(2), 140–146. https://doi.org/10.1177/0963721419896365
        Schubert, A.-L., Hagemann, D., & Frischkorn, G. T. (2017). Is general intelligence little more than the speed of higher-order processing? Journal of Experimental Psychology: General, 146(10), 1498–1512. https://doi.org/10.1037/xge0000325

        Mathematische Modellierung kognitiver Prozesse / Neurokognitive Psychometrie

        Ein weiterer Schwerpunkt unserer Forschung liegt darin, kognitive Prozesse (Entscheidungs-, Arbeitsgedächtnis- und Aufmerksamkeitsprozesse) mit mathematischen Modellen zu beschreiben, die es ermöglichen, aus beobachtbaren Verhaltensdaten wie Fehlerraten und Reaktionszeiten Rückschluss auf nicht direkt beobachtbare (latente) kognitive Prozesse zu ziehen. Dabei bemühen wir uns insbesondere, diese Modelle für die Messung individueller Unterschiede in kognitiven Modellparametern im Sinne einer kognitiven Psychometrie nutzbar zu machen. Außerdem untersuchen wir neuronale Korrelate mathematischer Modellparameter, um kognitive Prozesse zugleich auf neuronaler und modellbasierter Ebene beschreiben zu können. Dabei ermöglicht die Verbindung mathematischer Modellparameter mit neuronalen Korrelaten der gleichen kognitiven Prozesse eine gegenseitige Validierung beider Messebenen sowie die Identifikation von Teilprozessen, die auf Basis des mathematischen Modells nicht identifizierbar wären. Um den besonderen Herausforderungen moderater Stichprobengrößen in der neurowissenschaftlichen, längsschnittlichen oder klinischen Forschung gerecht zu werden, spezifiziere wir diese Modelle im Rahmen bayesianischer hierarchischer Frameworks, welche die Schätzung komplexerer Zusammenhangs- und Veränderungsmodelle ermöglichen.

        Aktuelle Forschungsprojekte:

        Integration von Elementarmerkmalen in der Texturwahrnehmung (gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft - Laufzeit 2022-2024)

        Wissenschaftliches Netzwerk Neurokognitive Psychometrie (gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft - Laufzeit 2021-2024)

        Eine neurokognitive Psychometrie individueller Unterschiede in Aufmerksamkeitsprozessen im Arbeitsgedächtnis (gefördert durch das Eliteprogramm für Postdoktorandinnen und Postdoktoranden der Baden-Württemberg Stiftung - Laufzeit 2020-2023)

        Wichtigste Publikationen:

        Schubert, A.-L., Löffler, C., & Hagemann, D. (2022). A Neurocognitive Psychometrics Account of Individual Differences in Attentional Control. Journal of Experimental Psychology: General, 151(9), 2060-2082. https://doi.org/10.1037/xge0001184
          Schubert, A.-L., Ferreira, M. B., Mata, A., & Riemenschneider, B. (2021). A diffusion model analysis of belief bias: Different cognitive mechanisms explain how cognitive abilities and thinking styles contribute to conflict resolution in reasoning. Cognition, 211, 104629. https://doi.org/10.1016/j.cognition.2021.104629
            Schubert, A.-L., Nunez, M. D., Hagemann, D., & Vandekerckhove, J. (2019). Individual differences in cortical processing speed predict cognitive abilities: A model-based cognitive neuroscience account. Computational Brain & Behavior, 2(2), 64–84. https://doi.org/10.1007/s42113-018-0021-5

              Schubert, A.-L., Frischkorn, G. T., Hagemann, D., & Voss, A. (2016). Trait characteristics of diffusion model parameters. Journal of Intelligence, 4(3), 7. https://doi.org/10.3390/jintelligence4030007


              Statistische Modellierung

              In unserer Forschung beantworten wir inhaltliche Fragestellungen in Grundlagen- und Anwendungsfeldern der Psychologie und kognitiven Neurowissenschaften mit neuesten Methoden der statistischen Modellierung und Psychometrie. Dabei verstehen wir statistische Modelle als Rahmen für die Formalisierung psychologischer Theorien und Forschungsfragen, um theoretische Vorhersagen präzise zu formulieren und statistische Verfahren zur Messung psychologischer Konstrukte mittels Parameterschätzung zu entwickeln. Unter anderem beschäftigen wir uns mit der Modellierung längs- und querschnittlicher sowie experimenteller Verhaltensdaten, EEG-Daten und Test- und Fragebogendaten. Dazu passen wir Verfahren aus verschiedenen statistischen Modellfamilien wie Strukturgleichungsmodellen, Mehrebenenmodellen und bayesianischen hierarchischen Modellen an die sich aus der konkreten inhaltlichen Fragestellung ergebenden Bedarfe an. Außerdem entwickeln und validieren wir Methoden des sequentiellen Hypothesentestens, die oft eine höhere Effizienz aufweisen als klassisches Hypothesentesten, bei dem eine zu erreichende Stichprobengröße vor Beginn der Erhebung festgelegt wird.

              Aktuelle Forschungsprojekte:

              Smartes Altern im kommunalen Kontext: Untersuchung intelligenter Formen von Selbstregulation und Ko-Regulation unter Realbedingungen (SMART-AGE - gefördert durch das Programm Durchbrüche der Carl Zeiss Stiftung - Laufzeit 2021-2026)

              Evaluation des sequentiellen Likelihood-Quotienten-Test für faktorielle Designs und Entwicklung eines frei verfügbaren R-Pakets (sprtt) sowie einer webbasierten App (spirit)

              Wichtigste Publikationen:

              Rummel, J., Hagemann, D., Steindorf, L., & Schubert, A.-L. (2021). How consistent is mind wandering across situations and tasks?—A latent state–trait analysis. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition. Advance online publication. https://doi.org/10.1037/xlm0001041
                Schubert, A.-L., Frischkorn, G. T., & Rummel, J. (2020). The validity of the online thought-probing procedure of mind wandering is not threatened by variations of probe rate and probe framing. Psychological Research, 84(7), 1846–1856. https://doi.org/10.1007/s00426-019-01194-2

                  Schubert, A.-L., Hagemann, D., Voss, A., & Bergmann, K. (2017). Evaluating the model fit of diffusion models with the root mean square error of approximation. Journal of Mathematical Psychology, 77, 29–45. https://doi.org/10.1016/j.jmp.2016.08.004

                    Frischkorn, G. T., Schubert, A.-L., Neubauer, A. B., & Hagemann, D. (2016). The Worst Performance Rule as Moderation: New Methods for Worst Performance Analysis. Journal of Intelligence, 4(3), 3. https://doi.org/10.3390/jintelligence4030009